Perspektivklärung

Häufig wird in der Jugendhilfepraxis immer noch nach dem „Trial and Error“-Prinzip verfahren. Nach Problemanalyse/Diagnose wird eine Maßnahme „verordnet". Wenn diese scheitert, wird eine neue Hilfe eingeleitet. Wenn auch diese sich nicht als passend erweist, folgt darauf oftmals die viel zitierte „letzte Chance“.

Wir wollen mit einer vorgeschalteten Perspektivklärung die Jugendlichen konsequent an der Gestaltung ihrer Hilfe beteiligen, um dadurch die Passgenauigkeit der vereinbarten Maßnahmen zu erhöhen.

Die Zielsetzung des Angebotes der Perspektivklärung ist die Entwicklung einer auf dem Willen des Jugendlichen basierende und von allen Prozessbeteiligten getragene realistische Option für das weitere Vorgehen (Lebensort, Betreuung, etc.) und die Überleitung dorthin. Diesen Optionen liegt insbesondere die möglichst genaue Beantwortung von vorangestellten Klärungsfragen zugrunde.

Die Perspektivklärung im Rahmen von §27 SGB VIII als ambulante Form der Jugendhilfe richtet sich an junge Menschen ab 12 Jahre, die z.B.

  • in unterschiedlichen Einrichtungen der Jugendhilfe gewesen sind und für die sich die bisher angebotenen Maßnahmen als nicht passend erwiesen haben.
  • die ihren Lebensmittelpunkt auf die Straße verlegt haben, Notschlafstellen und/oder Übernachtungsmöglichkeiten in einem zum Teil riskanten Umfeld nutzen.
  • legale und/oder illegale Drogen (riskant) konsumieren.
  • ihrer Schulpflicht nicht oder unregelmäßig nachkommen.
  • mit dem Gesetz in Konflikt geraten.
  • als Intensivstraftäter bei der Polizei geführt werden.
  • der Prostitution nachgehen.
  • in der Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht waren.
  • im elterlichen Haushalt wohnen und deren Verbleib sowie Hilfebedarf zu klären ist.
  • keinen Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie haben.
  • auf keinen verlässlichen erwachsenen Menschen in ihrer Lebenswelt zurückgreifen können oder sich dem Einfluss der Eltern und/oder anderen Erwachsenen entziehen.
  • das bisherige Helfer:innensystem nicht als vertrauenswürdig und hilfreich wahrgenommen haben.
  • nicht wissen, wie und wo sie zukünftig leben wollen.
  • bisher nicht entscheiden konnten, welche Hilfe sie annehmen wollen und können.
  • die Unterstützung bei der Entwicklung und Formulierung eigener, realistischer Ziele brauchen.

Angestrebt sind hier die verschiedensten Formen der Hilfen zur Erziehung, Anbindungen an therapeutische Settings und die Nutzung vorhandener familiärer Ressourcen, je nach individuellem Bedarf und immer mit der Absicht, (weitere) Abbrüche zu verhindern. Die Überleitung erfolgt in enger Absprache mit dem zuständigen Jugendamt und dem anschließenden Hilfssystem. Die Absicherung des Ergebnisses erfolgt durch eine Nachbetreuung.

Wir machen uns gemeinsam mit den jungen Menschen auf die Suche nach ihren Stärken, Fähigkeiten und entwickeln gemeinsam Zukunftsvorstellungen und Ziele. Bei der Suche nach passenden Hilfeformen stützen wir uns unter anderem auf einen selbst entwickelten Baukasten, mit dem sich die Jugendlichen auch ohne viele Worte ein Betreuungssetting basteln können.

Wir bieten uns als verlässliche Gesprächspartner:innen an, die spiegeln, unterstützen, anregen und kritisieren. Wir thematisieren Mängel in der Grundversorgung wie z.B. Schlafplatz, Nahrung, Gesundheitsfürsorge und Finanzen und unterstützen bei notwendigen Lösungsschritten. Unsere Arbeit findet überwiegend an den Orten statt, an denen sich die Jugendlichen aufhalten. Die Gestaltung der Termine orientiert sich am Aushaltevermögen, der Konzentrationsfähigkeit und Tragfähigkeit der Beziehung und den Lebensumständen der Jugendlichen.

Die Perspektivklärung kann parallel ergänzend zu bereits laufenden Erziehungshilfen (z.B. Inobhutnahme) oder anderen Unterbringungsformen (z.B. KJP, JVA) erfolgen.
Die Arbeit findet häufig im Spannungsfeld zwischen Autonomiefindung und Risikoverhalten der Adressat:innen einerseits und Kindes-/Jugendschutz-Aspekten andererseits statt. Die Perspektivklärung alleine kann selbst bei gutem Arbeitskontakt/guter Compliance keinen strukturellen Jugend- bzw. Kindesschutz herstellen. Dazu sind gegebenenfalls anderweitige Maßnahmen außerhalb unserer Maßnahme zu treffen.

Ihr Ansprechpartner für Anfragen sind Jana Lopatenko (0178 - 47 05 865) und Christina Schillings (0152 - 38 258 683).


Unser Angebot in Dortmund